Experten aus Unternehmenskommunikation, PR, Marketing oder Management benutzen den Begriff Kommunikation täglich – ohne ihn genauer zu hinterfragen. Wir meinen, ein gemeinsames Verständnis zu teilen und uns zu verstehen, uns einig zu sein über das, was er leistet und was nicht. In Folge 9 unseres Agenturpodcasts sprechen wir darüber, welche Macht Kommunikation, Sprache und Stimme haben. In diesem Blog wollen wir einmal eine wissenschaftlichere Perspektive auf den Begriff Kommunikation wagen.
Die einfachste Vorstellung von Kommunikation ist die einer Übertragung von Inhalten. Ein Sender überträgt eine Nachricht an einen Empfänger, der diese genauso erhält, wie sie versendet wurde – wie eine Paketsendung. Das Problem an diesem Modell: Allein der Sender (also der Journalist, der Marketing Manager, der Kommunikationsprofi) ist verantwortlich dafür, ob und wie seine Nachricht verstanden wird. Gleichzeitig würde das bedeuten, dass jeder Empfänger eine Botschaft gleichermaßen auffasst und damit auch gleichermaßen leicht zu beeinflussen ist. Es übersieht die Tatsache, dass eine gelingende Kommunikation auch Aufmerksamkeit und aktive Zuwendung zu einem Thema bedarf. Es übersieht, dass Bedeutungen nicht per se vorhanden sind, sondern über ein Zeichensystem (Sprache) übermittelt werden, auf dessen Bedeutung wir uns erst einigen müssen. Falls dies nicht gelingt, kommt auch kein Verstehen zustande. Nicht zuletzt ignoriert es, dass Bedeutungen auch kontextabhängig sind, sich also über Situationen, Personen, Kulturen, aber auch über die Art des verwendeten Mediums hinweg verändern.
Es ist wahrscheinlich, dass Kommunikation misslingt
Es ist zweifelsohne wichtig und unumgänglich, dass Menschen kommunizieren – und doch ist es nicht einfach. Der Soziologe Niklas Luhmann hat dazu den Begriff der Unwahrscheinlichkeit der Kommunikation geprägt:
(1) Als erstes ist unwahrscheinlich, daß einer überhaupt versteht, was der andere meint […].
(Luhmann, 1981, S. 26)
Sinn kann nur kontextgebunden verstanden werden, und als Kontext fungiert für
jeden zunächst einmal das, was sein eigenes Gedächtnis bereitstellt.
(2) Die zweite Unwahrscheinlichkeit bezieht sich auf das Erreichen von Empfängern. Es ist unwahrscheinlich,
daß eine Kommunikation mehr Personen erreicht, als in einer konkreten Situation anwesend sind.
Das Problem liegt in der räumlichen und zeitlichen Extension. […]
(3) Die dritte Unwahrscheinlichkeit ist die Unwahrscheinlichkeit des Erfolgs. Selbst wenn eine Kommunikation
verstanden wird, ist damit noch nicht gesichert, daß sie auch angenommen wird.“
Neben dieser Unwahrscheinlichkeit hat Kommunikation noch ein anderes Problem: Sie ist nicht eindeutig. Diesem Gedanken hat sich Schulz von Thun (1981) in seinem Vier-Ohren-Modell angenommen. Jede Botschaft kommuniziert nicht nur einen Sachinhalt (Ist der Projektbericht schon fertig?), sondern lässt auch Rückschlüsse auf die Beziehung (Ich traue dir nicht zu, ihn pünktlich abzugeben) der Kommunikationspartner zu, ist eine Form von Selbstoffenbarung (Es ist wichtig für mich, dass der Bericht rechtzeitig abgegeben wird)und ein Appell (Bitte beeile dich!) an das Gegenüber. Wir sehen also – das mit dem kommunizieren ist nicht so leicht wie zunächst gedacht und es gilt, alle Variablen mitzubedenken.
Dem wird das soziologische Grundmodell von Kommunikation (Schützeichel, 2004) gerecht. Nach diesem besteht Kommunikation aus 6 Komponenten: Mitteilen, Verstehen, Information, Medien, Kommunikatoren und sozialer Situation. Erst wenn alle Aspekte bedacht werden, kann Kommunikation zum einen entstehen und zum anderen wirksam gesteuert werden. Was möchte ich meinem Gegenüber eigentlich sagen? Nimmt dieser es nur wahr oder kann er es verstehen? Mit wem spreche ich gerade und was macht diese Person aus? Auf welchem Weg kommuniziere ich und was sagt das über mich, mein Anliegen und meine Beziehung zum Gegenüber aus?
Sorgen Sie dafür, dass Ihre Kommunikation trotzdem gelingt
Diese kurze Reise durch die Welt der Kommunikationstheorien führt deutlich vor Augen, wie viele Parameter es zu beachten gilt, wenn Kommunikation geplant und gesteuert wird. So komplex das auf den ersten Blick erscheint, so spannend und chancenreich ist es auf den zweiten. Umso mehr Schrauben gibt es, an denen Unternehmen drehen können, um gehört, verstanden und erinnert zu werden – und zwar genau so, wie sie es möchten.
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